Dimension: Logizität
DefinitionIn dieser Dimension geht es darum, ob in dem Unterrichtsgespräch die Beiträge aller Beteiligten logisch sinnvoll verknüpft und im Hinblick geteilte Erkenntnisziele entwickelt bzw. zusammengeführt werden (zu einem „joint knowledge space“ oder „common knowledge space“). Damit sind zwei Arten von (ko-)konstruierten Wissensräumen gemeint, die sich in der Lerngemeinschaft und im Lernprozess verändern. Mit Common Space ist gemeint, dass alle Beteiligten eine gemeinsame Auffassung des Gegenstandes haben, was man typischerweise zu Beginn und am Ende eines gemeinsamen Lernprozesses anstrebt. Joint Space bezeichnet ebenfalls eine sozial geteilte Wissensbasis, allerdings nicht in dem Sinne, dass alle eine geteilte Auffassung haben, sondern nur in dem Sinne, dass alle wissen, was die jeweils anderen denken (was aber ansonsten kontrovers sein kann und darf). Logizität ist hier im inferentiellen Sinn zu verstehen und kann z.B. auch nur im Prozess einer abduktiven, deduktiven oder induktiven Prämissenkolligation bestehen. Die Dimension der Logizität kann nur geratet werden, wenn auch eine Lernsituation vorliegt. Unterrichtssituationen, die andere Funktionen haben und in denen keine Lernprozesse vollzogen werden, werden nicht eingeschätzt (im Regelfall werden diese Situationen aber bereits vor dem Rating aussortiert).
AnmerkungLogizität ist unabhängig davon, ob die Lehrperson oder die Schülerinnen und Schüler die entsprechenden Leistungen hervorbringen. Aber die Lehrperson ist insgesamt für den roten Faden und die Steuerung verantwortlich („teacher led, but student owned process“). Unter diesem Aspekt ist auch zu entscheiden, ob es statthaft ist, dass z.B. auf eine bestimmte Äußerung nicht weiter eingegangen wird (weil es sich von selbst erledigt), oder ob dies als Manko anzusehen ist, weil dann einzelne Schüler*innen nicht mehr mitgenommen werden. Im letzteren Fall und wenn das entsprechend markant ist, würde man z.B. statt einer „2“ eine „1“ kodieren. Eine „0“ würde man hingegen kodieren, wenn nur Beiträge gesammelt und überhaupt nicht wechselseitig oder bezogen auf das Thema bzw. die Fragestellung eingeordnet werden, also kein entsprechend spezifischer kognitiver Prozess in Gang gesetzt wird.
Es gibt Sequenzen, die zwar eine Lernsituation repräsentieren, in denen aber kein Lernprozess stattfindet. Das schließt natürlich nicht aus, dass die Individuen jeweils Lernprozesse durchlaufen. Alle Schülerinnen und Schüler denken dabei ja über irgendetwas nach. Aber das geschieht nicht im Rahmen der Kommunikation in der Klasse. Kein Lern- bzw. Wissenskonstruktionsprozess in diesem Sinne liegt vor, wenn nur Aussagen, Eindrücke etc. gesammelt werden, ohne dass diese in spezifischer Hinsicht weitergeführt werden (was mit „0“ zu kodieren wäre). Das gilt z.B., wenn nur blitzlichtartig Vorwissen zusammengetragen wird, ohne dass dies zu einem Lernproblem, einem Lösungsansatz o.ä. hin- bzw. weitergeführt wird. (Etwas anderes wäre es, wenn zunächst noch einmal bewusst wiederholt und dabei eigens auf Verständnis- oder Erinnerungslücken eingegangen wird, denn dann handelt es sich um einen eigenständige – remediale - Lernprozesse mit dem Ziel, eine gemeinsame Grundlage (common space) zu erzeugen. Solche Situationen finden typischerweise in reinen Kolligationsphasen statt, in denen verschiedene Informationen, Annahmen und Ideen nur zusammengetragen werden. Für entsprechende Phasen ist folglich zu entscheiden, (a) ob Lernprozesse stattfinden und (b) wie deren Unterstützung im Whole Class Scuffholding in puncto Logizität einzuschätzen ist.
ZielgruppeSchüler der Berufsschule
KonstruktzuordnungLernklima
UrsprungEigenentwicklung
ZitationMinnameier, G.; Hermkes, R.; Herbert, B.; Heuer-Kinscher, M. (2024). Logizität - Schüler [Ratingmanualskala: Version 1.0]. In: Manual zum Scaffolding von Lernprozessen im Berufsschulunterricht [Ratingmanual: Version 1.0]. Erstanwendung 2021. Frankfurt am Main: Forschungsdatenzentrum Bildung am DIPF. http://dx.doi.org/10.7477/1171:414
Veröffentlichungsdatum28.10.2024